Elend betrifft noch Hinterland von Bundesland Minas

08/07/2003 - 21h38

Brasília, 9.7.2003 (Agência Brasil - ABr) - Maria de Fátima Cardoso Jesus, unbekanntes Alter, hat ihr Haus ganz früh um 5:00 Uhr wegen der Arbeit verlassen. Sie würde an diesem Tag je nach ihrer Leistung bei der Kaffeeplantage höchstens 2 Dollar verdienen. Ihr Mann Sebastião Chagas de Jesus, er selbst schätzt 60 Jahre alt zu sein, nahm den gleichen Weg der Frau und ging zum Gut São João da Mata, in der Gemeinde Malacacheta, 432 Km von Belo Horizonte, Hauptstadt vom Bundesland Minas Gerais, entfernt, im Mucuri-Tal, an der Grenze zu dem berühmten Jequitinhonha-Tal. Obwohl laut der Macho-Tradition er normalerweise zwischen 50 Cents und 1 Dollar mehr als seine Frau verdient, hat er an diesem Tag die gleiche Summe wie seine Frau bekommen. "Genug für den Salz", wie man eben sagt.

Ihre Kinder João, Adélia, Leonardo und Dario blieben zu Hause neben der Strasse, die zum Verwaltungssitz der Gemeinde führt. Sie schliefen weiter. Als sie aufwachten fanden sie nichts auf dem Feuer zu essen. Sie sind eigentlich insgesamt 10 Kinder. Die sechs älteren sind schon selbständig und arbeiten bei Plantagen oder als Hausangestellten bei reicheren Leute in Nachbardörfer. "Eins der Mädchen lebt in einem Haus mit Fernsehgerät und Kühlschrank, die Besitzer leben im Luxus", sagt die Mutter.

Die Familie Chagas de Jesus wird bald Geburtsurkunden haben. Ihre Alter werden von der Staatsanwaltschaft geschätzt und bestimmt.

João, der kleinste, ist ca. zwei Jahre alt. Der älteste, Leonardo, soll nicht älter als sechs sein.

Da João nichts zu essen hatte, beschloss er wie ein Tier zu scharren. Er fand eine alte Zuckerrohrbagasse und versuchte etwas davon zu essen, anscheinend schon von Schweinen gelutscht worden. Der Kleine war nackt und schmutzig, "wie ein Tierchen", so Flávia Hilário Cassiano, 28 jährige Sozialhilferin von Malacacheta, die die Familie schon kannte.

Flávia ist in São José dos Campos, Bundesland São Paulo, in einem blühenden Tal geboren. Dabei musste sie immer an ein altes Gedicht von Manuel Bandeira denken. Der Dichter war vor über 50 Jahre schockiert als er einen Mann zum ersten Mal sah, der Lebensmittelreste in einem Mülllager lutschte.

Beschämt dabei nahm sie mit der Hilfe von João, Adélia, Leonardo und Dario Holzstücke, schnitt einen Kürbis ab und kochte ihn zusammen mit Reis. So entstand ein Rebengo, also Rest von Reste, wie es in der Gegend bezeichnet wird.

Die Kinder flohen auf den Topf, assen alles und schmierten sich dabei. Es war fast Mittag. Vor 23 Stunden hatten sie zum letzten Mal gegessen.

Als die Mutter zurückkam sagte sie der Sozialhilferin: "Dass Gott Sie immer schützt, Amen". "Kinder von Armen sind immer so, manchmal essen sie was, manchmal nichts.

Der Familie Chagas de Jesus, unter der Elendslinie, ist es nie gelungen an einem Sozialprogramm der Regierung teilzunehmen, entweder wegen Mangel an Papiere oder, weil sie denken, sie hätten keine Rechte. "Das ist nicht für uns, mein Herr", sagte die Mutter.

Ladainha

Der Vater Sebastião kommt aus der Gemeinde Ladainha, im gleichen Elendstal. Jahresanfang hörte er etwas im Radio über ein Nullhungerprogramm der brasilianischen Bundesregierung. Zurückhaltend sagte er, er glaube nicht mehr an Sozialeinschluss. "Das ist wohl was von der Regierung, ne? Wenn was kommt, ok". Und dann geht er aufs Land zurück.

Malacacheta ist eine der 38 Gemeinden der Mucuri und Jequitinhonha Täler, wo das Nullhungerprogramm laut Ernährungssicherungspolitik der Regierung Luiz Inácio Lula da Silva angefangen wurde. Das Programm wurde im Juni auf dem Landesinnere vom Bundesland Minas Gerais herausgebracht. Das entsprechende Abkommen unter den Regierungen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene wurde in der Hauptstadt Belo Horizonte abgeschlossen. Die Verwaltungsausschüsse des Programms rechnen mit Vertreter von Bürgermeisterämte, Gewerkschaften, der katholischen Kirche und der Zivilgesellschaft. Sie sind alle bereit sich der Arbeit zu widmen.